Visionssuche

Schau dir dein Leben an und prüfe folgende Fragen:
– Hast du eine eigene, psychisch gesunde Identität bilden können – unabhängig von deinem Vater 
  und deiner Mutter?
– Kennst du deinen Schatten?
– Trägst du die volle Verantwortung für deinen Schatten?
– Hast du eine Vision von deiner Aufgabe im Leben?
– Kannst du diese Vision auch leben?
– Worauf gründet sich nach deinem Verständnis eine glückliche Ehe oder Familie?
– Lebst du wirklich aus diesem Verständnis heraus?
– Was von dir soll in der Erinnerung dir nahestehender Menschen verbleiben, wenn du einmal
  sterben wirst?

Wie könnte unsere Gesellschaft aussehen, wenn es der Männerbewegung gelingt, in den nächsten Jahren eine Männerkultur zu etablieren, die sich von der des unreifen Mann-Seins („Patriachat“) unterscheidet? Was würde sich ändern, wenn ältere Männer den jungen Männern bewusst, klar und liebevoll zeigen würden, was es bedeutet, als Mann zu leben? Wenn eine kritische Masse von Männern ihre wirkliche Lebensaufgabe sucht, findet, und verwirklicht? Was würde sich in unserem Leben als Mann ändern, wenn wir uns in der Gemeinschaft anderer Männer wechselseitig unterstützen und nähren würden? Was ist die Voraussetzung für eine ökologische Wende? Und was hat das alles überhaupt mit Initiation zu tun?

                                                                     WAS TUT DER MANN UM MANN ZU SEIN?

Die Vision befindet sich genauso wie die Zukunft in der Gegenwart. Wo sollte sie sich sonst finden und fassen lassen als im Hier und Jetzt? Eine Vision ist kein Traum. Eine Vision ist Realität. Sie entspringt aus einer Wahrheit. Wahrheiten erkennt man daran, dass sie Bestand haben. Sie verändern sich nicht deshalb, nur weil wir ihnen eine andere Voraussetzung oder neue Bedingungen zu Grunde legen. Sichtbarer Materie liegt eine Vergangenheit zu Grunde, in der sie einst Geist, Traum, Vision war. Somit lässt sich die Vision nicht irgendwo und irgendwie auf einem der unendlich vielen Wege finden, sondern in den Momenten der Innenschau (Kontemplation). Die Vision steigt aus einem hoch, taucht auf und tritt hervor. Der Raum wird Zeit und die Zeit Raum. Die ganze Schöpfung ist daran beteiligt, involviert ins göttliche Geschehen. Dies ist die Gipfelerfahrung.

Der Satz „Eine Vision ist kein Traum“ ist wahr, aber nur halb. Für die Stammes-Naturvölker unserer Erde – und wir gehören zu ihren Verwandten – ist die Traumwelt (denken wir an den Traumpfad der Aborigines) realer als ihre Erlebnisse im Tagesbewusstsein. Die Grundlage, das Fundament, der Boden der Realität, die Bedingung der Möglichkeit einer jeden Vision (ansonsten ist sie keine „Überallesblickende-Überalleserschauende-Betrachtende“) liegt im Unsichtbaren.

Wir sagen: „Wir gehen einen Weg der Reifung“. Wir pilgern zwar von da bis dort, von diesem bis zu jenem Ort, doch schlussendlich tragen wir die Vision, die Wahrheit und die Liebe beständig in uns mit. Wir sind bereits die Vision! Wir sind die Gewandelten!

Wahre Visionäre sind Realisten. Zum Visionär haben wir alle das Zeug, sonst wären wir gar nicht in dieser Welt. Ob Wüste, Berg, Einöde, Wildnis oder Kloster: Visionäre zeigen uns nur am Außen wie unser inneres Alleinsein mit Allem und Jedem in Verbindung steht. Das mag vielleicht verkopft und unnötig kompliziert wirken, zielt aber auf etwas ganz Einfaches ab „Du bist schon die Vision! Deine Alltäglichkeit ist die Vision!“ Lasse dich ganz und gar fallen, gib alles, was du hast, und du wirst entdecken, dass die Vision aus Liebe über dich hereinbrechen wird – so wie in einem Gedicht von Rainer Maria Rilke „Gott aus seinem Hinterhalt“ stürzt und über dich herfällt.