Es ist ein guter Tag zum Sterben

Menschen versuchen zu vermeiden, was ihnen Angst macht. Und was könnte furchteinflößender sein als der Tod? Die Antwort auf diese Frage ist nicht schwierig: Furchteinflößender als der Tod ist es, zu sterben, ohne in die Tiefe des gegenwärtigen Augenblicks geschaut zu haben. Das Schauen vollzieht sich nicht in einer Konzentration auf Etwas. Ebenso braucht es für das eigentliche Schauen nicht den Willen. Wir brauchen den Willen, um zu entscheiden sowie die Konzentration, um bei der Entscheidung zu bleiben.

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BRAUCHEN WIR SAMMLUNG.

Wir alle leben in diesem Moment in einem Etwas, das wir den Prozess des Lebens nennen können. Aber wir können ebenso sagen, dass wir uns in diesem Moment im Prozess des Sterbens befinden. Denn jetzt, in diesem Augenblick, sterben gerade Tausende Zellen im Körper eines jeden lebenden Menschen. Sollten wir über diesen stetigen Tod der Körperzellen in tiefe Trauer verfallen? Natürlich nicht. Haben wir das Gefühl, etwas sehr Wichtiges zu verlieren, wenn wir unsere Fingernägel schneiden? Natürlich nicht. Beginnt unsere Familie zu weinen, wenn wir uns die Haare schneiden? Nein…

Wir sind viel mehr als diese Körperzellen, und genau darum geht es hier. Wir sind viel mehr als Fingernägel oder Haare. Wir sind mehr als alles, was wir sehen können, einschließlich unserer Körper. Wir sind das Leben selbst, das sich seiner selbst gewahr wird, indem es diese komplizierte Illusion erschafft, in der scheinbar voneinander getrennte Wesen in endloser Folge erscheinen und wieder verschwinden.

Von 1757-1827 lebte in England der Kupferstecher, Maler und Dichter William Blake. Ihm, dem ungewöhnlichen und vor allem im deutschsprachigen Raum kaum bekannten Künstler, setzte der Filmregisseur Jim Jarmusch mit „Dead Man“ ein großes Denkmal. In Jarmuschs Film hält ein Indianer im Wilden Westen einen Buchhalter namens William Blake für den gleichnamigen Visionär aus London. Begeistert davon, den ekstatischen Maler selbst kennenzulernen, beschließt er, sein Beschützer zu werden.